Aufzeichnungspflicht von Arbeitszeiten

 

Ist Vertrauensarbeitszeit zulässig?

Ein klares NEIN.
Wenn nach irgendeinem der angeführten Gesetze Aufzeichnungspflicht besteht und Ihr Unternehmen lebt die Vertrauensarbeitszeit, riskieren sie empfindliche Strafen (siehe auch §28, AZG  Strafbestimmungen). Die Bemessung der Strafe erfolgt nicht pro Arbeitnehmer*in sondern pro Arbeitstag mit fehlenden Zeitaufzeichnungen.
Weiters gebe ich zu bedenken, dass bei GPLB (Gemeinsame Prüfung von Lohnabgaben und Beiträgen) es möglicherweise aufgrund fehlender Zeitaufzeichnungen zur Schätzung von Abgaben und entsprechenden Konsequenzen (Nachzahlung, Abgabenhinterziehung und Lohn- und Sozialdumping-Strafen) kommen kann.

 

Der EuGH entschied in seinem Urteil vom 14.5.2019 – C-55/18, dass die Mitgliedstaaten die Arbeitgeber verpflichten müssen, ein „objektives, verlässliches und zugängliches System“ zu schaffen, damit die täglich verrichtete Arbeitszeit der Arbeitnehmer*innen festgestellt werden.

In z.B. Deutschland war es möglich, Vertrauensarbeitszeit zu vereinbaren.

Das war auch vor diesem Urteil in Österreich nicht möglich, da die anzuwendenden Gesetze (insbesondere das Arbeitszeitgesetz AZG) die Aufzeichnungspflicht von Arbeitszeiten vorsieht.

 

Auszug aus den österreichischen Gesetzen betreffend Arbeitszeiten:

  • Arbeitszeitgesetz AZG
  • Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz KA-AZG
  • Bäckereiarbeiter*innengesetz BäckAG
  • Theaterarbeitsgesetz TAG
  • Beamtendienstrechts-Gesetz BDG
  • Vertragsbedienstetengesetz VBG
  • Landarbeitsgesetz LAG
  • Heimarbeitsgesetz HarbG
  • Hausbesorgergesetz HbG
  • Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz HgHaG
     

Exemplarisch betrachten wir das Arbeitszeitgesetz (AZG):

Der §26 regelt die Aufzeichnungs- und Auskunftspflicht

(1) Der Arbeitgeber hat zur Überwachung der Einhaltung der in diesem Bundesgesetz geregelten Angelegenheiten in der Betriebsstätte Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden zu führen. Der Beginn und die Dauer eines Durchrechnungszeitraumes sind festzuhalten.


Wer hat die Verantwortung für die Aufzeichnungen?

Der Arbeitgeber

Wer führt die Aufzeichnungen?

Die Arbeitnehmer*innen, wenn mit Arbeitgeber durch Einzelvereinbarung (z.B. in einer Gleitzeitvereinbarung) oder durch Betriebsvereinbarung vereinbart.

 

ACHTUNG 
Bei Saisonbetrieben (z.B. Hotellerie, Gastronomie) muss die Aufzeichnung immer durch den Arbeitgeber erfolgen.

 

Gibt es Ausnahmen?

Ja.
Bei vereinbarter Fixarbeitszeit sind lediglich die Abweichungen zur vereinbarten Normalarbeitszeit zu erfassen.
Für Arbeitnehmer*innen, die die Lage ihrer Arbeitszeit und ihren Arbeitsort weitgehend selbst bestimmen können  (z. B. Außendienst) oder ihre Tätigkeit überwiegend (mehr als 50%) in ihrer Wohnung ausüben, sind ausschließlich Aufzeichnungen über die Dauer der Tagesarbeitszeit zu führen.

 

ACHTUNG
Kann zur Falle bei Verträgen mit Überstundenpauschale oder All-In-Vereinbarungen werden, wenn eine Deckungsprüfung erforderlich ist, da aufgrund der fehlenden zeitlichen Lage die Art der Vergütung (z.B. Überstunden mit Zuschlag 50% oder mit Zuschlag 100% ) nicht bekannt ist.

 

Sind Ruhepausen aufzuzeichnen?

Grundsätzlich ja, wenn aber die zeitliche Lage der Ruhepause bekannt ist (z.B. Fixpause vereinbart, Aushang der Pausenzeiten am „Schwarzen Brett“, Pausenrahmen), dann muss keine Aufzeichnung der Ruhepausen erfolgen.

 

ACHTUNG
Bei automatischen Abzug der Pause in der elektronischen Zeiterfassung unbedingt beachten, dass auch oben genannte Bedingungen für die Aufzeichnungserleichterung der Ruhepausen erfüllt sind.
Mir sind Fälle bekannt, bei denen der Arbeitsinspektor Strafen in der Höhe von € 40.000 und mehr für fehlende Ruhepausenaufzeichnungen verhängt hat.

 

Für wen gilt das AZG nicht?

  • Arbeitnehmer*innen, die noch nicht 18 Jahre alt sind.
  • Beamte, Vertragsbedienstete, Gemeindebedienstete
  • Heimarbeiter, Hausbesorger, Haushilfen bzw. Hausangestellte
  • Landarbeiter
  • Bäcker
  • Arbeitnehmer*innen von Gesellschaften nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz,
  • §19 ist aber anzuwenden
  • Arbeitnehmer*innen von Stiftungen, Fonds oder Anstalten sofern diese von Organen einer Gebietskörperschaft oder von Gebietskörperschaft bestellten Personen verwaltet werden
  • Lehr- und Erziehungskräfte an Unterrichts- und Erziehungsanstalten, sofern nicht privat geführt
  • Arbeitnehmer*innen, die unter das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz fallen
  • Nahe Angehörige des Arbeitgebers (Eltern, volljährige Kinder, im gemeinsamen Haushalt lebende Ehepartner, eingetragene Partner oder Lebensgefährt*innen, wenn seit mindestens 3 Jahren ein gemeinsamer Haushalt besteht)
  • Leitende Angestellte


Für leitende Angestellte und nahe Angehörige gilt:

Die gesamte Arbeitszeit kann nicht gemessen oder im Voraus festgelegt werden, die Lage und Dauer der Arbeitszeit kann von Arbeitnehmer*innen festgelegt werden.

 

ACHTUNG
Bestimmen Sie als Arbeitgeber die Lage und Dauer der Arbeitszeit, unterliegt die/der Arbeitnehmer*innen dem AZG.
Die Einschätzung, ob Arbeitnehmer*innen leitende Angestellte sind, ist im Einzelfall einzuschätzen und für eine Überprüfung am besten zu dokumentieren.
Übrigens: Der bloße Umstand, dass eine Arbeitnehmer*in eine „All-In-Vereinbarung“ hat, lässt nicht automatisch den Schluss zu, dass die Arbeitnehmer*in leitende/-r Angestellte/-r ist. Ein sehr häufig gemachter Fehler.


 

 

Thema für kommende Woche:  Erfassung von Arbeitszeiten

 

Bis nächste Woche

Ihr Peter Schnabl

                             

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